Ganz so einfach ist die Aixam-Elektro oder Diesel Abwägung wirklich nicht ...
übrigens : In dem von AixamCamper verlinkten Video wird von einer Lebensdauer der Fahrbatterien von 8-10 Jahren gesprochen. Das würde auch nochmal dafürsprechen, dass wir die Frage mit den Akkus noch etwas weiterverfolgen sollten.
Gehen wir nochmal zurück zur Sichtweise eines Elektro-Aixam-Fahrers.
Ich habe inzwischen zu dem Hinweis von Toeff mit dem Twizy-Leuten recherchiert. Hier scheint ein Team von Twizy-Fahrern ein "Interface" entwickelt zu haben, das es erlaubt, einen Eigenbau-Akku im Twizy verwenden zu können. Zum Nachlesen habe ich folgende Links dazu gefunden :
Die Lösung aus dem Twizy passt sicherlich nicht in einen Aixam. Aber die Tatsache, dass die dort ein Interface entwickeln mussten, bestätigt auch nochmal, dass es nicht so einfach ist, einen Fahrakku gegen ein Fremdmodell zu wechseln.
Es scheint, dass wir dieses Thema etwas ernster nehmen sollten. Ich versuche mal, zu strukturieren, was ich inzwischen verstanden habe. Wenn ich etwas falsch schreibe, wäre es super, wenn die Profis unter uns (Gausi ?) mich korrigieren, damit hier keine Halbweisheiten im Forum stehen.
Ausgangsproblem
Bei der Frage Elektro vs. Diesel sind wir auch auf die Frage der Kosten gekommen. Und hier insbesondere auf die Frage, welche Kosten entstehen, wenn altersbedingt die Reichweite soweit reduziert ist, dass der Akku oder Teile davon zu ersetzen wären. In diesem Zusammenhang gibt es Berichte, dass nach einem Tausch vom Akku oder Teilen davon eine Anmeldung/Freischaltung nötig ist, die wir nicht selbst vornehmen können.
Antworten, die ich bis heute von Aixam dazu bekommen habe, stellen mich nicht zufrieden.
Ich hatte mich mit dieser Frage an Aixam-Frankreich gewandt und bis heute keine Antwort erhalten. Dann hatte ich mich mit dieser Frage an Aixam-Deutschland gewandt. Diese verweisen mich an Aixam-Händler. Von mehreren angeschriebenen Händlern antwortet nur einer, und der weicht der Frage aus, aber seine Antwort erlaubt die Schlussfolgerung, dass das Problem bestätigt wurde.
Ein originales Antriebsbatteriepack zu kaufen, ist mir zu teuer.
Der Akku ist ein geschlossenes Antriebsbatteriepack, das Aixam von dem Zulieferer E4V bezieht. Die ersten Exemplare des Aixam Elektro 03/2017 bis 03/2020, 76,8V haben ein Antriebsbatteriepack mit der Ersatzteilnummer 0MK101. Die folgenden Modelle dieser Reihe haben ein Antriebsbatteriepack mit der Ersatzteilnummer 0MK101A. Das Antriebsbatteriepack mit der Ersatzteilnummer 0MK101A kostet Stand heute 12.881,97 EUR. Wer diesen Betrag nicht glaubt, kann mir eine PM schreiben. Der Preis ist nachweisbar.
Dass eine Aixam-Werkstätte das Antriebsbatteriepack öffnet und nur defekte Zellen austauscht, erwarte ich nicht.
Natürlich ist diese Aussage nur eine Vermutung von mir. Aber die ausweichenden Antworten von Aixam lassen darauf schließen. Zudem wird das Antriebsbatteriepack in den Werkstattunterlagen, die ich bisher gesehen habe, immer als "Black-Box" betrachtet. Und selbst wenn sie diese "Black-Box" irgendwie öffnen würden und darin Zellen tauschen würden, müssten sie ja auch noch 2 Jahre Garantie auf das "Instandsetzen des Antriebsbatteriepacks" geben. Es wäre schon ein großes Risiko für die Werkstätte, das zu öffnen.
Denkbar wäre höchstens, dass eine Werkstätte das gesamte Antriebsbatteriepack ausbaut, zu Aixam schickt, die es zu dem Zulieferer E4V weiterleiten und die es dort prüfen. Dann würde irgendjemand entscheiden, was ich zurückbekomme und zahlen darf. Wenn es mir dann zu teuer wird, sind dann zumindest schon der Aus-/Einbau, Hin-/Rückversand und die Prüfung angefallen.
Damit an dieser Stelle kein falsches Bild entsteht. Ich kritisiere nicht Aixam oder eine Werkstätte. Für mich ist das Problem gut nachvollziehbar. Einige Kunden wünschen eine Elektro-Variante - die Hersteller möchten diesen Wunsch bedienen. Aber es ist Neuland für alle und sie haben eine Lösung mit den verfügbaren Möglichkeiten angeboten. Bei den geringen Stückzahlen müssen sie da eben auf verfügbare Zukauflösungen bauen. Und auch von einer Werkstätte kann niemand erwarten, dass sie mal schnell dieses Neuland für jedes einzelne Modell, für das es vielleicht nur eine Handvoll Kunden gibt, beherrschen. Es geht hier also nicht um einen Fingerzeig auf andere, sondern darum gemeinsam eine Lösung zu finden. Fangen wir einfach mal an :
Fahrakkus benötigen ein BMS.
Sorry für diesen dummen Satz. Aber das mit dem BMS war für mich auch wichtig zu verstehen, um mir Gedanken über Lösungen machen zu können. Vielleicht hilft es einem Leser auch, wenn ich versuche, das Transparent zu machen.
Es genügt NICHT, einen Fahrakku einfach mit einem Plus- und einem Minuspol anzuschließen. Technisch (chemisch) bedingt, erzeugt ein LiFePO4 eine Spannung von 3,2-3,3 V je Zelle. Wenn ich also auf 48, 77, oder 400V kommen möchte, muss ich mehrere davon in Serie schalten (z.B. 24 x 3,2V = 76,8V). Und wenn ich höhere Stromstärken benötige, benötige ich mehrere dieser Serien in parallel.
Leider altern die Zellen aber nicht alle gleich und können auch unterschiedliche Füllstände haben. Wenn nun der Motor seinen Strom gleichverteilt aus allen Zellen zieht, wird eine Zelle, deren Füllstand geringer war, als der durchschnittliche Füllstand aller Zellen, stärker entladen, als ihr guttun würde. Umgekehrt ist es analog. Wenn beim Laden alle Zellen gleichmäßig geladen werden, wird eine Zelle, deren Füllstand höher war, als der durchschnittliche Füllstand aller Zellen, überladen. Zu starkes Entladen oder Überladen schädigt aber diese Zellen und der betroffene Strang fällt irgendwann aus.
Um dies zu vermeiden, regelt ein Batterie-Management-System die Stromentnahme und das Laden für jede Zelle einzeln (Balancing). Die Frage, wie schnell ein Fahrakku mit dem Alter an Leistung nachlässt, ist neben anderem auch von diesem Balancing / dieser Architektur abhängig. Besteht ein Gesamtsystem nur aus wenigen, aber Amper-stärkeren Zellen und eine von diesen Zellen ist ausgefallen, sinkt die Gesamtleistung bereits spürbar (Twizy ?). Besteht ein Gesamtsystem aber aus einer sehr hohen Anzahl vieler kleiner Zellen (z.B. 18650 bei Li-Ionen), sinkt die Gesamtleistung beim Ausfall einer Zelle kaum (Tesla ?).
Das Modell, über das wir hier schreiben, hat 76,8 Volt und ist mit LiFePO4 angegeben. Das heißt, dass ein Strang aus 24 Zellen bestehen muss und das BMS (sofern es gut ausgeführt wird) 25 Leitungen für das Balancing benötigt. Aus dem Antriebsbatteriepack gehen aber keine 25 Leitungen raus. Es geht ein kleinerer Kombistecker (18 Leitungen inkl. CAN) raus und ein zweipoliger Stecker mit dicken 5mm² Kabeln.
Auch aus dem Ladegerät geht nur ein kleiner 4-poliger Stecker und ein zweipoliger Stecker mit dicken 5mm² Kabeln raus. Schlussfolgerung : Das BMS scheint vollständig innerhalb des Antriebsbatteriepack zu sein und damit auch außerhalb der von Aixam hergestellten Bauteile.
Möglicher Lösungsgedanke-1
Wenn ich in der Bucht nach LiFePO4 suche, finde ich z.B. 12,8V, 100Ah, LiFePO4 ab 300,-. 6 Stück davon könnten also unter 2.000,- bleiben und würden mir auch 76,8V liefern. (Die Werte von diesem Preisbeispiel wären : 12.8V, 100Ah 0.2C, Ladestrom 20A, max. Ladestrom 50A, Dauerlast 100A, max. Last 200A, Ladetemp. 0 to 45℃, Entlade Temp. -20 to 60℃)
Diese LiFePO4 haben dann zwar bereits ein BMS integriert (Typ 4S100A), ob aber damit der Aixam fährt, wissen wir nicht. Die Arbeiten des oben erwähnten Teams von Twizy-Fahrern, das ein "Interface" entwickelt hat, lassen vermuten, dass es ohne so einem Interface nicht funktioniert.
Möglicher Lösungsgedanke-2
Vielleicht können wir das bestehende Antriebsbatteriepack zerlegen, die BMS-Komponenten ohne zu beschädigen ausbauen, zu den benötigten Zellen Alternativen mit identischen technischen Merkmalen und physischer Größe suchen und das Gesamte dann wieder identisch zusammenbauen.
Das würde voraussetzen, dass ich dann tatsächlich zu den benötigten Zellen Alternativen mit identischen technischen Merkmalen und physischer Größe finde. Das könnte durchaus möglich sein, denn ich glaube nicht, dass E4V die einzelne Zelle selbst herstellt. Hier könnten wir etwas finden. Aber wir wissen es eben nicht, solange wir das Antriebsbatteriepack nicht zerlegt haben, und das wird keiner machen, solange das bisherige noch akzeptabel funktioniert.
Es bleibt aber dann dennoch die Frage, ob der Aixam dann damit fährt. Soweit ich verstanden habe, ist das BMS sehr spezifisch auf die konkreten Zellen abgestimmt. Insbesondere bei einem LiFePO4 ausrichteten BMS scheint es auf sehr geringe Spannungsschwankungen reagieren zu müssen. Ich kann nicht ausschließen, dass dieses BMS beim punktuellen Ersetzen von Zellen in Schleudern kommt, wenn eine minimal abweichende Zelle nicht exakt die erwarteten Werte liefert. Eine Folge könnte sein, dass dann entweder eine neue Zelle gleich mal kräftig überladen und beschädigt wird, oder dass das System wegen unplausibler Werte angehalten wird.
Möglicher Lösungsgedanke-3
Ich frage mich, was passieren würde, wenn man einfach an den zweipoligen Ausgang (76,8 V) des bestehenden Antriebsbatteriepacks ein Parallelsystem, bestehend aus 6 zusätzlichen LiFePO4 à 12,8V hängt. Vielleicht würde das das bestehende BMS gar nichts merken und wie gewohnt kommunizieren. Es wäre dann vielleicht einfach der Stromverbrauch auf 2 parallele Systeme aufgeteilt.
Aber das ist nur ein unausgereifter Gedanke, der auch mit Risiken verbunden ist. Was passiert zum Zeitpunkt der Verbindung ? Entstehen da zu hohe Ausgleichsströme, falls ich die beiden Systeme nicht ausreichend in der Spannung angleichen kann ? Was passiert, wenn die zusätzlichen Batterien überhitzen, aber das BMS das nicht merkt und die Leistungsentnahme nicht reduziert ? Den Lösungsgedanken-3 verfolge ich erstmal nicht weiter
Das BMS besitzt eine CAN Verbindung zum Motorcontroller.
Wir wissen nicht, welche Informationen das BMS mit dem Motorcontroller austauscht. Aber dass sie interagieren, ist klar. So muss z.B. die Leistungsabgabe an den Motor gedrosselt werden können, wenn Grenzwerte in der Spannung unterschritten, oder in der Temperatur überschritten werden. Ich weiß zwar nicht, was alles kommuniziert wird, aber ich gehe auf jeden Fall davon aus, dass wir bei dem Lösungsgedanken-1 ein Interface benötigen würden, das vergleichbar komplex wird, wie das oben erwähnte Projekt der Twizy-Fahrer.
Beim Lösungsgedanken-2 würde zwar die CAN-Kommunikation weiterfunktionieren und man könnte das Interface vermeiden, aber es könnte nötig sein, in das System reinzukommen, um es resetten zu können und dem System damit im Anlernen der neuen Zellen zu helfen. Aber hier spielt rein, dass die Hersteller seit 2016 verpflichtet, bei L6e-Fahrzeugen das System gegen Manipulation abzusichern. Immerhin könnte ja ein böser Fahrer dem System mitteilen, dass der Fahrmotor höher drehen sollte und damit das Auto schneller als 45 km/h wird.
Wie weiter ?
Zu Lösungsgedanke-2 wäre interessant, ob schon mal jemand bei einem Aixam ab Bj. 2016 einen Zugang zum System (Motorcontroler oder BMS) geschafft hat und welche Möglichkeiten wir da haben ? Oder zu wissen, ob wir das System vielleicht unterschätzen und es sich sehr schnell an gewechselte Zellen anpassen kann.
Zu Lösungsgedanke-1 wäre möglich, Aixam vorzuschlagen, dass sie dieses Interface entwickeln und als kaufbaren Adapter auf den Markt bringen. Einfach zum einstecken zwischen Motorcontroller und einem Set von 6 Standard-LiFePO4-12.8V-100Ah-Akkus mit Standard BMS und der minimal nötigen Kommunikation.
Der Aixam-Elektro-Fahrer würde davon profitieren, und auch Aixam würde davon profitieren, wenn ihre Fahrzeuge so eine höhere Wertstabilität bekommen.