Fahrerlaubnisfreies Fahren von Mofas/Krankenfahrstühlen (Stand 31.12.2019)

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Fahrerlaubnisfreies Fahren von Mofas/Krankenfahrstühlen (Stand 31.12.2019)

Beitrag von Fichte » Mo 20. Jan 2020, 18:04

Korrektur! Der nachfolgende Passus gibt die überalterte Rechtsmeinung des Unterzeichners wieder und bleibt einzig aus chronologischen Gründen hier stehen! Dank des berechtigten Einwandes von „Wiltschka“, einem weiteren und fachkundigen Mitglied in diesem Forum, wurde meine Ansicht revidiert und im letzten Beitrag in diesem Thread zusammengefasst! Auf die übrigen und hier geposteten Beiträge von „Wiltschka“ ist ergänzend zu verweisen, letzten Endes sind wir einer Meinung/Ansicht geworden!

Fahrerlaubnisfreies Fahren von Mofas/Krankenfahrstühlen (Stand 31.12.2019)
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Gemäß der aktuell (31.12.2019) geltenden Fassung der Fahrerlaubnisverordnung (FEV) ist wie folgt geregelt:

§ 4 FEV (Quellennachweis Nr. 1)

1Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Fahrerlaubnis.
2Ausgenommen sind

1. einspurige Fahrräder mit Hilfsmotor - auch ohne Tretkurbeln -, wenn ihre Bauart Gewähr dafür bietet, dass die Höchstgeschwindigkeit auf ebener Bahn nicht mehr als 25 km/h beträgt (Mofas); besondere Sitze für die Mitnahme von Kindern unter sieben Jahren dürfen jedoch angebracht sein,
1a. Mobilitätshilfen im Sinne des § 1 Absatz 1 der Mobilitätshilfenverordnung
1b. zweirädrige Kraftfahrzeuge der Klasse L1e-B und dreirädrige Kraftfahrzeuge der Klassen L2e-P und L2e-U nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a und b der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen (ABl. L 60 vom 2.3.2013, S. 52) oder nicht EU-typgenehmigte Fahrzeuge mit den jeweils gleichen technischen Eigenschaften, wenn ihre Bauart Gewähr dafür bietet, dass die Höchstgeschwindigkeit auf ebener Bahn auf höchstens 25 km/h beschränkt ist,
2. Motorisierte Krankenfahrstühle (einsitzige, nach der Bauart zum Gebrauch durch körperlich behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit Elektroantrieb, einer Leermasse von nicht mehr als 300 kg einschließlich Batterien jedoch ohne Fahrer, einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 500 kg, einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 15 km/h, einer Breite über alles von maximal 110 cm),
3.Zugmaschinen, die nach ihrer Bauart für die Verwendung für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke bestimmt sind, selbstfahrende Arbeitsmaschinen, Stapler und andere Flurförderzeuge jeweils mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 6 km/h sowie einachsige Zug- und Arbeitsmaschinen, die von Fußgängern an Holmen geführt werden.

In der Übergangsbestimmung hierzu wie folgt:

§ 76 FEV Übergangsbestimmungen: (Quellennachweis Nr. 2)

Ziffer 2: Zu § 4 Absatz 1 Nummer 2 (Krankenfahrstühle):
Inhaber einer Prüfbescheinigung für Krankenfahrstühle nach § 5 Absatz 4 dieser Verordnung in der bis zum 1. September 2002 geltenden Fassung sind berechtigt, motorisierte Krankenfahrstühle mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 10 km/h nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 dieser Verordnung in der bis zum 1. September 2002 geltenden Fassung und nach § 76 Nummer 2 dieser Verordnung in der bis zum 1. September 2002 geltenden Fassung zu führen. Wer einen motorisierten Krankenfahrstuhl mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 10 km/h nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 dieser Verordnung in der bis zum 1. September 2002 geltenden Fassung führt, der bis zum 1. September 2002 erstmals in den Verkehr gekommen ist, bedarf keiner Fahrerlaubnis oder Prüfbescheinigung nach § 5 Absatz 4 dieser Verordnung in der bis zum 1. September 2002 geltenden Fassung.

Ziffer 3: Zu § 5 Absatz 1 (Prüfung für das Führen von Mofas nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder eines Kraftfahrzeugs nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1b):
gilt nicht für Führer der in § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 1b bezeichneten Fahrzeuge, die vor dem 1. April 1980 das 15. Lebensjahr vollendet haben.

Bedingt durch den Verweis in § 76 FEV (Stand 31.12.2019) in Ziffer 2) auf die Verordnung in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung (FEV in der Zeit von 01.01.1999 – 31.08.2002) und den hierzu bestehenden Übergangsvorschriften gelten nachfolgende Vorschriften/Bestimmungen ergänzend und wie folgt:

§ 4 Erlaubnispflicht und Ausweispflicht für das Führen von Kraftfahrzeugen (Quellennachweis Nr. 3, S. 10)

1. Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Fahrerlaubnis. Ausgenommen sind
einspurige, einsitzige Fahrräder mit Hilfsmotor - auch ohne Tretkurbeln wenn ihre Bauart Gewähr dafür bietet, daß die Höchstgeschwindigkeit auf ebener Bahn nicht mehr als 25 km/h beträgt (Mofas); besondere Sitze für die Mitnahme von Kindern unter sieben Jahren dürfen jedoch angebracht sein,
2. nach der Bauart zum Gebrauch durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit einem Sitz, einem Leergewicht von nicht mehr als 300 kg und einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr
als 25 km/h (motorisierte Krankenfahrstühle),
3. selbstfahrende Arbeitsmaschinen, Zugmaschinen, die nach ihrer Bauart für die
Verwendung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke bestimmt sind, und Flurförderzeuge jeweils mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht
mehr als 6 km/h sowie einachsige Zug- und Arbeitsmaschinen, die von Fußgängern an
Holmen geführt werden.

§ 5 Sonderbedingungen für das Führen von Mofas und motorisierten Krankenfahrstühlen
Abs. 4: Die prüfende Stelle hat über die bestandene Prüfung eine Prüfbescheinigung nach Anlage 2 auszuhändigen. Die Bescheinigung ist beim führen eines Mofas oder Krankenfahrstuhles mitzuführen und zuständigen Personen auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen. Für die Inhaber einer Fahrerlaubnis gilt § 4 Abs. 2 S. 2 entsprechend.

§ 76 FEV: Kraftfahrzeugen (Quellennachweis Nr. 3, S. 97)

Ziffer 2: Zu § 4 Abs. 1 Nr. 2 und § 5 Abs. 1 (Krankenfahrstühle)
Als motorisierte Krankenfahrstühle gelten auch:
a) nach Bauart zum Gebrauch durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit höchstens zwei Sitzen, einem Leergewicht von nicht mehr als 300 kg und einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 30 km/h (maschinell angetriebene Krankenfahrstühle früheren Rechts), wenn sie bis zum 30. Juni 1999 erstmals in den Verkehr gekommen sind und
b) motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne der Vorschriften der Deutschen Demokratischen Republik, wenn sie bis zum 28. Februar 1991 erstmals in den Verkehr gekommen sind.

Ziffer 3: Zu § 5 Abs. 4 (Prüfbescheinigung für Mofas/Krankenfahrstühle)
gilt nicht für Führer der in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bezeichneten Fahrzeuge, die vor dem
1. April 1980 das 15. Lebensjahr vollendet haben.

Ferner (siehe Seite 319 des Quellennachweis Nr. 3):
Zu § 76, Zu Nummer 4: § 5 Abs. 4 (Prüfbescheinigung für Mofas/Krankenfahrstühle)
Die Vorschrift übernimmt die Übergangsvorschrift zu § 4a Abs. 1 StVZO in § 72 StVZO und dehnt sie auf motorisierte Krankenfahrstühle aus, da diese Fahrzeuge nunmehr Mofas gleichgestellt sind.

Letzteres bestätigt durch das Bundesverwaltungsgericht, Az.: 3 C 39/01, Urteil vom 31.01.2002:
https://www.judicialis.de/Bundesverwalt ... .2002.html

In der Folge wiederum bedeutet diese Gleichstellung, dass eingetragene Krankenfahrstühle (auch Krankenfahrstühle alten Rechts die bis Bj Sept 2002 ...einsitzig oder Bj bis 1999 zweisitzig) bis zum September 2002 hergestellt wurden und Bestandsschutz haben, mehr als 10/15 km/h fahren und nicht mehr als 300 kg wiegen

- von allen Personen die vor dem 01.04.1965 geboren worden sind ohne jede Fahrerlaubnis und auch ohne Mofa-Prüfbescheinigung
- von Personen die ihre Mofa-Prüfbescheinigung bis zum 31.08.2002 gemacht haben

ohne weitere Bedingungen fahrerlaubnisfrei genutzt werden dürfen.

Sowie gilt nachfolgende Regelung ab 2017 für Mofas:

Da APE auf 25 Km/h gedrosselt sind und die elektrischen China-Dreirad-Roller mit V-max. = 25 Km/h als Mofa gelten, sind diese Teile jedenfalls auch jenseits der Krankenfahrstuhl-Regelung (egal wie man es rechtl beurteilt) von Personen mit Geburt vor April 1965 ohne Alles fahrbar...UND von jedweder Person , die die Mofa-Prüf-Besch. abgelegt hat, oder noch ablegen wird...

Quelle Nr. 1: (http://www.fahrerlaubnisrecht.de/FeV%20neu/FeV04.htm)
Quelle Nr. 2: (http://www.fahrerlaubnisrecht.de/FeV%20neu/FeV76.htm)
Quelle Nr. 3: (http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/1998/D443+98.pdf)
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Re: Fahrerlaubnisfreies Fahren von Mofas/Krankenfahrstühlen (Stand 31.12.2019)

Beitrag von Fichte » Sa 25. Jan 2020, 22:50

Nachtrag I (Stand 25.01.2020):

Durch die Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 7. August 2002 (BGBl. I S. 3267) wurden mit Wirkung zum 1. September 2002 einige Änderungen in der FeV vorgenommen (Quelle 4):
- §4 wurde eine andere Definition des motorisierten Krankenfahrstuhls eingeführt
- aus dem §5 wurde der motorisierte Krankenfahrstuhl gestrichen
- in §76 wurde die Nr. 2 neu gefasst

Zur Begründung (S. 57) wird hierbei angeführt, dass die Regelungen zum Führen von motorisierten Krankenfahrstühlen aus Verkehrssicherheitsgründen und im Interesse der Leichtigkeit des Verkehrs neu gefasst werden:

Die bisher für andere Krankenfahrstühle bis 25 km/h geltende Fahrerlaubnisfreiheit wird aufgehoben, da derartige Kraftfahrzeuge in der Praxis sowohl ein Erscheinungsbild eines Pkw besitzen als auch entsprechende Bedienungs- und Fahreigenschaften eines Pkw aufweisen. Eine fahrerlaubnisrechtliche Sonderstellung nur aufgrund der durch diese Fahrzeuge zu erreichenden geringeren Höchstgeschwindigkeit ist aus Verkehrssicherheitsgründen nicht gerechtfertigt. … Entsprechende Übergangsregelungen (§ 76 Fev) gewährleisten des Weiteren den Fortbestand der Berechtigungen von Inhabern einer Prüfbescheinigung für Krankenfahrstühle nach dem bisherigen Recht.


Innerhalb der Begründung zur Änderung der FEV, beginnend ab 01.09.2002 wird (S. 60) des Weiteren ausgeführt, dass diese Änderung (Anmerkung des Verfassers: künftig) notwendig und erforderlich ist, da in der Praxis „PKW-artige“ Fahrzeuge in Verkehr gebracht wurden. Solch langsam fahrenden von PKW nicht zu unterscheidenden Fahrzeuge können zu erheblichen Beeinträchtigungen und Gefährdungen des fließenden Verkehrs in Ballungsräumen, aber auch im ländlichen Bereich auf Bundes- und Landstraßen führen.

Inhaber einer Prüfbescheinigung für Krankenfahrstühle nach den bis zum In-Kraft-Treten dieser Verordnung geltenden Regelungen bleiben durch eine entsprechende Übergangsregelung (§ 76 FEV) berechtigt, motorisierte Krankenfahrstühle nach den bisherigen Regelungen zu führen.

In dieser Verordnung, In-Kraft-getreten am 01.09.2002 (wichtig, hierauf wird noch später eingegangen), wurde des Weiteren (S. 77 - 78] im Kernpunkt ausgeführt, dass die Überschrift in § 76 Nr. 3 falsch gewesen sei und sich nur auf Mofas bezogen hatte, nicht auf Krankenfahrstühle. Des Weiteren wird hierin mitgeteilt, dass die Personen, welche vor dem 01.04.1980 das 15.te Lebensjahr vollendet haben weder nach bisherigem noch nach neuem Recht im Rahmen der neuen (Anmerkung des Verfassers: man beachte (!) nach dieser neuen Verordnung) Übergangsregelung in § 76 Nr. 2 befugt sind, diese ohne Prüfbescheinigung zu fahren.

Und jetzt kommt der Knüller (!!!!!):

Die aktuelle FEV (Stand 31.12.2019) verweist hinsichtlich der Übergangsvorschriften ausschließlich auf die FEV in der Fassung von 01.01.1999 bis 31.08.2002 (korrigiert, ursprüngliche Fassung „2019“) und hierin ist - wie oben bereits ausgeführt - ausschließlich geregelt:

Inhaber einer Prüfbescheinigung für Krankenfahrstühle nach § 5 Absatz 4 dieser Verordnung in der bis zum 1. September 2002 geltenden Fassung sind berechtigt, motorisierte Krankenfahrstühle mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 10 km/h nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 dieser Verordnung in der bis zum 1. September 2002 geltenden Fassung und nach § 76 Nummer 2 dieser Verordnung in der bis zum 1. September 2002 geltenden Fassung zu führen. Wer einen motorisierten Krankenfahrstuhl mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 10 km/h nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 dieser Verordnung in der bis zum 1. September 2002 geltenden Fassung führt, der bis zum 1. September 2002 erstmals in den Verkehr gekommen ist, bedarf keiner Fahrerlaubnis oder Prüfbescheinigung nach § 5 Absatz 4 dieser Verordnung in der bis zum 1. September 2002 geltenden Fassung.

Mithin nicht auf FEV mit Stand ab 01.09.2002, wonach eben nach den Übergangsbestimmungen den Personen die vor dem 01.04.1985 das 15.te Lebensjahr vollendet haben das Recht zur Führung von Krankenfahrstühlen (Prüf-/Fahrerlaubnisfrei) aberkannt wurden.


Ferner und des Weiteren war es kein Fehler in der Überschrift, wonach neben Mofas auch Krankenfahrstühle benannt wurden, da diese - nach Ansicht der damaligen Referenten - mit Mofas gleichgestellt werden!

Es sei hier vorliegend und im Rahmen dieses Forums klargestellt:

Diese Ansichten ersetzen keine Berechtigung für Personen die vor dem 01.04.1980 das 15.te Lebensjahr vollendet haben zur Führung von Krankenfahrstühlen in der Fassung der FEV in der Zeit von 01.01.1999 bis 31.08.2002 durch schlichten Ausdruck derselben und Vorlage/Vorzeige bei entsprechenden Institutionen oder berechtigten Personen.

Rechtssicherheit ist einzig für den jeweiligen Fahrzeugführer(in)/Diverse dadurch zu erhalten, als dass eine Bestätigung von der jeweils und örtlich zuständigen Fahrerlaubnisbehörde eingeholt wird, wonach der/die/diverse berechtigt ist, dass Fahrzeug „XY“ ohne Fahrerlaubnis im Straßenverkehr zu nutzen/zu benutzen!


Quelle 4: http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2002/0497-02.pdf
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Re: Fahrerlaubnisfreies Fahren von Mofas/Krankenfahrstühlen (Stand 31.12.2019)

Beitrag von Fichte » Sa 8. Feb 2020, 20:09

Nachtrag II: (08.02.2020]

Im Zuge der Durchforstung des Forums bin ich auf einen sehr guten Beitrag eines Mitgliedes der „Rennleitung“ gestoßen, welchen ich inhaltlich gekürzt wie folgt nachtragen möchte:
Wiltschka hat geschrieben:
Fr 7. Dez 2018, 01:29

Zulassungsrechtlich haben die alten "echten" Krankenfahrstühle tatsächlich Bestandsschutz. Allerdings waren das nie Panda, Marbella und Co. Sondern Vanjenburg, Canta und sonstige Plastikbomber, die trotz Leergewicht von unter 300 kg vor 2002 mit mehr als 25 km/h tatsächlich amtlich zugelassen werden mussten. Durch die Reduzierung auf 25 km/h bbH erfüllten sie aber 2-sitzig vor 1999 alle Voraussetzungen (eben nur 2-sitzig, maximal 30 km/h bbH und nicht mehr als 300 kg Leergewicht) um auch eine Betriebserlaubnis als Krankenfahrstuhl zu erhalten. Ab dem 01.01.1999 (mit Übergangsregelung bis zum 30.06.1999) wurden die Bestimmungen erstmals geändert, Krankenfahrstühle durften fortan nur noch 1-sitzig sein, maximal 25 km/h fahren und weiterhin ein maximales Leergewicht von 300 kg haben.

Beide Regelungen konnte man im § 18 Satz 2 Nr. 5 StVZO der jeweils gültigen Fassung finden. Die Fahrzeuge die bis zum 30.06.1999 erstmals zweisitzig in Betrieb genommen wurden, behielten ihre Zulassungen im Rahmen der Übergangsregelungen in der StVZO.

Zum 01.09.2002 wurde der Krankenfahrstuhl wiederum neu definiert, die Gründe wurden bereits dargelegt. (Nutzung durch Suffnasen).
Auch in der Neufassung des Zulassungsrechtes (FeV/FZV) wurde den Fahrzeugen Besitzstand eingeräumt, die vormals eine Betriebserlaubnis als Krankenfahrstühle (eben die mit maximal 300 kg Leergewicht) erhalten hatten.

Jetzt zur Unterscheidung dazu die Fahrerlaubnisverordnung (Führerscheinrecht):

Bis zum 01.01.1999 benötigte man zum Führen von Krankenfahrstühlen die Fahrerlaubnis der Klasse 5. Ab dem 01.01.1999 wurde der Krankenfahrstuhl "im Rahmen eines Verkehrsversuches" fahrerlaubnisfrei gestellt, so man vor dem 01.04.1965 geboren war (wie Mofa). Alle anderen mussten eine Krankenfahrstuhlprüfbescheinigung machen (Mofaprüfbescheinigung reichte nicht aus - beide Prüfbescheinigungen konnten durch Ankreuzen der entsprechenden Prüfbescheinigungsart aber auch zusammen erworben werden). Bis zum 30.08.2002! In dieser Zeit vom 01.01.1999 bis 30.08.2002 hatten die Vordrucke der Mofaprüfbescheinigungen auch ein Extrafeld für Krankenfahrstuhl. Danach konnte wieder nur die Mofaprüfbescheinigung, aber nicht mehr die Krankenfahrstuhlprüfbescheinigung erworben werden.

Viele dieser "Krankenfahrstuhlfahrer" hatten den erforderlichen Geburtstag vor dem 01.04.1965, so dass sie die Krankenfahrstuhlprüfbescheinigung nicht erwarben - wofür auch?

Das rächte sich zum 01.09.2002, als für Krankenfahrstühle die nicht elektrobetrieben waren (oder schneller als 10 km/h waren, auch die haben Besitzstand, waren sie schon immer fahrerlaubnisfrei) plötzlich wieder eine Fahrerlaubnis benötigt wurde, weil die neue Regelung (Verkehrsversuch Fahrerlaubnisfreiheit für KFS) für gescheitert erklärt wurde.

Während Personen, die im Zeitraum vom 01.01.1999 bis zum 30.08.2002 die Krankenfahrstuhlprüfbescheinigung erworben hatten, mit dieser weiterhin über die Besitzstandsregelung des § 76 FeV nicht elektrobetriebene motorisierte KFS über 10 km/h führen durften, traf dies für die nicht Krankenfahrstuhlprüfbescheinigungsinhaber nicht mehr zu! Da diese keinen aktiven Beitrag zum Erwerb einer "Fahrerlaubnis" für KFS geleistet hatten, trat für sie die alte Regelung wie vor 1999 wieder in Kraft: Motorisierte KFS über 10 km/h bbh, die nicht elektrobetrieben (und ausgestattet/gebaut wie in der Neuregelung in der FZV sind) sind fahrerlaubnispflichtig!


Und im Detail zur FZV wie folgt:

In der EU haben L6e Fahrzeuge seit Januar 2013 zulassungsrechtlich ein maximales Leergewicht von 425 kg, und eine maximale Leistung von 6 kw. Dieses wurde von Deutshland bis jetzt jedoch bewusst nicht umgesetzt (Umsetzung von der EU freigestellt, verbindlich nur die 350 kg und 4 kW). Probleme bereiten daher z. B. der AIXAM Mega mit 6 kw und 425 kg Leergewicht, der trotz EU-Betriebserlaubnis in Deutschland amtlich zugelassen werden muss! Trotzdem verkaufen den windige Händler als zulassungsfrei! Laut Fahrerlaubnisverordnung darf man diese 6 kW-L6e-Fahrzeuge aber mit der Klasse AM fahren.

Sinnvoll? Das Problem ist bekannt, wird auf der Verkehrsministerkonferenz Bund-Länder aber immer noch vor sich her geschoben, Luftreinhaltung und Dieselfahrverbote sind viel wichtiger!

Gleicher Durcheinander wie bei Leichtkrafträdern:

Zulassungsrechtlich müssen LKR über 50 bis 125 ccm haben, mit bis 50 ccm und über 45/50 km/h (je nach Baujahr) sind es Krafträder!
Fahrerlaubnisrechtlich kann man mit der Klasse A1 motorisierte Zweiräder bis 125ccm (und 11 KW) fahren, also auch die mit 49 oder 50 ccm und 70 km/h oder mehr.

So ich hoffe, ich habe euch nicht zu sehr verwirrt!

Könnte noch tiefer einsteigen, aber dann müsste ich die Gesetzestexte nachschlagen und zitieren und es wird zu einer Doktorarbeit 017)
Wie aus demselben entnommen werden kann, kommt dieser rechtlich ebenso fundiert zu der Frage des fahrerlaubnisfreien Fahrens von Bestandsgeschützten Krankenfahrstühlen der vor dem 01.04.1965 geborenen Personen zu einem anderen Ergebnis.

Mithin und in der Summe kann nur festgehalten werden, dass es tatsächlich einer Doktorarbeit bedürfte, um diese Thematik abschließend zu klären, welches jedoch das „Ehrenamt“ in diesem Forum weit überschreiten würde... 072)
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Re: Fahrerlaubnisfreies Fahren von Mofas/Krankenfahrstühlen (Stand 31.12.2019)

Beitrag von Fichte » Mi 23. Jun 2021, 07:03

Hier noch und ergänzend ein Folgebeitrag:
Wiltschka hat geschrieben:
Di 22. Jun 2021, 00:01
Olles hat geschrieben:
Mi 31. Mär 2021, 06:56
Moin..etwas ausführlicher Bitte..wie siehst du @ Guido und Fichte das? Vor 2 Jahren hieß es hier man darf das. Gruß olles
Ihr müsst euch mal die Mühe machen die alten Verordnungen rauszusuchen und die in der geschichtlichen Reihenfolge aufzulisten.
Und bitte nicht die §§ der einzelnen (verschiedenen) Jahrgänge untereinander mischen!

Und dann einfach mal drauf achten, was genau da steht. Also was für welche Nummer oder welchen Buchstaben der einzelnen §§ ausgenommen ist und was nicht.

Dann findet ihr, dass für den Zeitraum vom 01.01.1999 bis zum 31.08.2002 als Mofas und KFS in den §§ 4 und 5 zusammengefasst wurden, für beide eine Prüfbescheinigung gefordert wurde.
Vor dem 01.01.1999 brauchte man für den KFS immer eine Fahrerlaubnis!

Und wenn ihr die Übergangsvorschriften im § 76 FeV aus dem gleichen Zeitraum aufruft, dann findet ihr dort, dass Führer von Mofas, die vor dem 01.04.1965 geboren wurden, keine Prüfbescheinigung benötigen. Für Führer von KFS, die im § 5 ebenfalls erwähnt sind, findet ihr diese Ausnahme im § 76 zum § 5 FeV aber nicht. Ausdrücklich nur für Fahrzeuge nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FZV! KFS standen dort unter der Nr. 2!

Alle für diesen Zeitraum gültigen §§ findet ihr im BGBl 55 vom 26.08.1998 Seite  2216.
Da mal schauen, wo Mofa und KFS im § 4 aufgeführt sind, dann die Regelungen zur Prüfbescheinigung im § 5 und die Ausnahme davon für Mofas und nur für die im § 76 FeV. Also für Führer von Fahrzeugen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FZV! 2021-06-22 (2).png

Und auch in der Gesetzgebung vor dem 01.01.1999 oder nach dem 31.08.2002 werdet ihr für die nicht elektrobetriebenen alten KFS keine Regelung /Ausnahme finden, dass man die über eine Altersregelung ohne alles fahren kann.

Auch Guido und Fichte sind nicht unfehlbar - genau so wenig wie ich - ich lag da auch eine Zeit lang daneben, bis ich mich mal nicht auf die Aussagen von Kollegen verließ und selbst recherchierte.2021-06-22 (3).png
Auch ich werde mir die Thematik nochmals zum Gemüt führen…. 101)
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Re: Fahrerlaubnisfreies Fahren von Mofas/Krankenfahrstühlen (Stand 31.12.2019)

Beitrag von Metaphysik » Fr 20. Aug 2021, 11:33

Kurz zusammengefasst:
Wiltschka hat geschrieben:
Do 19. Aug 2021, 23:26
Also erst mal unterscheiden:

Krankenfahrstühle alten Rechts bis 10 km/h bbH waren schon immer fahrerlaubnisfrei zu führen. Findet ihr im § 76 FeV. Und sind es daher auch heute.

Die über 10 km/h waren nur in der Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.08.2002 fahrerlaubnisfrei.
Allerdings benötigte man in dieser Zeit eine Krankenfahrstuhlprüfbescheinigung.
Eine Altersregelung wie beim Mofa hat es für diese Fahrzeuge nie gegeben. Auch in der Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.08.2002 war also immer die Krankenfahrstuhlprüfbescheinigung Voraussetzung zum Führen von Krankenfahrstühlen über 10 km/h.

Diese Krankenfahrstuhlprüfbescheinigung hat auch heute Bestandsschutz über den § 76 FEV!

Genau genommen wäre die Frage also mit "ja" zu beantworten, jedoch mit dem Zusatz, wenn man im Besitz der in § 76 FeV genannten Krankenfahrstuhlprüfbescheinigung (das ist keine Fahrerlaubnis) ist oder der Krankenfahrstuhl eine bbH von maximal 10 km/h aufweist.
Aber eben auch nur dann!

Besitzt man diese Krankenfahrstuhlprüfbescheinigung (das ist nicht die Mofaprüfbescheinigung) nicht, war der nicht elektrisch angetriebene Krankenfahrstuhl über 10 km/h bbH (außer im Zeitraum vom 01.01.1999 bis zum 31.08.2002) schon immer fahrerlaubnispflichtig.

Vor 1999 Klasse 5!
Ab dem 01.09.2002 je nach Hubraum und Motorart Klasse AM (5,S) oder B.


Die Bestandsgenehmigung für das Fahrzeug selbst (zulassungsrechtlich) wird davon nicht berührt.
Das ergibt sich aus § 50 FZV i. V. m. § 76 FeV.



Also nochmal:
KFS alten Rechts bis 10 km/h frei von allem.
KFS alten Rechts über 10 km/h fahrerlaubnispflichtig, wenn die Krankenfahrstuhlprüfbescheinigung nicht im Zeitraum vom 01.01.1999 bis zum 31.08.2002 erworben wurde!

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Re: Fahrerlaubnisfreies Fahren von Mofas/Krankenfahrstühlen (Stand 31.12.2019)

Beitrag von Metaphysik » Fr 20. Aug 2021, 19:45

Fichte hat geschrieben:
Fr 20. Aug 2021, 14:14
Also, ich fasse wie folgt (selbst) zusammen und revidiere meine Aussage wie folgt:

Jene, vor 01.04.1965 geborene, welche nicht mindestens den Führerschein vor dem 01.01.1999 mit der Fahrerlaubnisklasse 5 erhalten haben, ohne Krankenfahrstuhlprüfbescheinigung, dürfen keine Krankenfahrstühle mit einer bauartbedingten Geschwindigung von (motorisiert) mehr als 10 km/h bzw. elektrifiziert von mehr als 15 km/h im Straßenverkehr frei von einer Fahrerlaubnis führen.

Seitens unseres Mitgliedes "Wiltschka" wurde berechtigt gegen meine bisherige Argumentation angeführt, dass ich das Pferd von hinten aufgezäumt habe/im hier und jetzt angefangen und mich rückwärts gearbeitet habe. Richtigerweise ist das Pferd von vorne zu zäumen und in die Fahrerlaubnisklassen vor dem Kalenderjahr 1998 zu blicken.

Und hierin ist - relativ eindeutig - zu lesen, dass die vor 01.04.1965 geborenen zwar keine Mofaprüfbescheinigung benötigen, hingegen nie berechtigt waren/sind, vierrädrige Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von mehr als 10 bbH (bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit) ohne Bescheinigung/Fahrerlaubnis zu führen.

Ich möchte daher und dieses Thema für mich nochmals abschließend wie folgt zusammenfassen:

Die bis 31.12.1998 geltende Regelung
Bis zum 31.12.1998 war der Krankenfahrstuhl in § 18 Absatz 2 Nr. 5 StVO wie folgt definiert:
"...nach der Bauart zum Gebrauch durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit höchstens zwei Sitzen, einem Leergewicht von nicht mehr als 300 kg und einer durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 30 km/h."

Für dieses Fahrzeug wurde ein Führerschein der Klasse 5 (ausgestellt vor dem 1.1.1999) oder wahlweise eine Prüfbescheinigung für Krankenfahrstühle (ausgestellt in der Zeit vom 1.1.99 bis 01.09.2002) benötigt. Eine Mofa-Prüfbescheinigung war jedoch kein Ersatz für eine Krankenfahrstuhl-Prüfbescheinigung oder einem Führerschein der Klasse 5, denn nur durch diese Führerscheinklasse der Besitzer derselben berechtigt gewesen auch Arbeitsmaschinen und diese Art von Krankenfahrstühle mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h zu fahren.

Die damalig bestehende „Mofaprüfbescheinigung“ (bzw. das Recht für die vor dem 01.04.1965 geborenen ein Mofa zu führen) bezog sich nur auf
- einspurige, einsitzige Fahrräder mit Hilfsmotor
- auch ohne Tretkurbeln, wenn ihre Bauart Gewähr dafür bietet, dass die Höchstgeschwindigkeit auf ebener Bahn nicht mehr als 25 km/h beträgt (Mofas); besondere Sitze für die Mitnahme von Kindern unter sieben Jahren dürfen jedoch angebracht sein.

(Nach der Bauart zum Gebrauch durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge:
• höchstens 2 Sitze
• max. Leergewicht 300 kg
• bbH 30 km/h.
Krankenfahrstühle bis bbH 10 km/h waren grundsätzlich fahrerlaubnisfrei.)


Was ab 01.01.1999 galt
§ 4 Absatz 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 FeV in der bis zum 31.08.2002 geltenden Fassung
Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Fahrerlaubnis. Ausgenommen sind:
1. ...
2. nach der Bauart zum Gebrauch durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit einem Sitz, einem Leergewicht von nicht mehr als 300 kg und einer durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h (motorisierte Krankenfahrstühle)

Übergangsregelgung, § 76 Nr. 2 in der bis zum 31.08.2002 geltenden Fassung:

Als motorisierte Krankenfahrstühle gelten auch:

a) nach der Bauart zum Gebrauch durch körperlich gebrechliche und behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit höchstens zwei Sitzen, einem Leergewicht von nicht mehr als 300 kg und einer durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 30 km/h (maschinell angetriebene Krankenfahrstühle früheren Rechts), wenn sie bis zum 30. Juni 1999 erstmals in den Verkehr gekommen sind und durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen benutzt werden und

b) motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne der Vorschriften der Deutschen Demokratischen Republik, wenn sie bis zum 28. Februar 1991 erstmals in den Verkehr gekommen sind.

Mit der Änderung des Fahrerlaubnisrechts zum 01.01.1999 wurde die Fahrerlaubnispflicht (Führerscheinklasse 5) für Krankenfahrstühle im Bereich von mehr als 10 km/h abgeschafft und stattdessen eine „normale“ Krankenfahrstuhl-Prüfbescheinigung (ohne die Ablegung der Prüfung der Führerscheinklasse 5) ähnlich und analog wie für das Führen von Mofas vorgeschrieben, mithin dahingehend erleichtert, als dass körperlich und gebrechliche Personen leichter eine Mobilität erreichen könnten/konnten. (Anmerkung des Unterzeichners: Juhuu…..)

Zugleich wurde (als Erschwernis) der Krankenfahrstuhl auch neu definiert als:
• einsitziges Kraftfahrzeug,
• nach der Bauart zum Gebrauch durch körperliche behinderte oder gebrechliche Personen bestimmt,
• Leergewicht max. 300 kg,
• bbH 25 km/h.

(Krankenfahrstühle bis bbH 10 km/h waren auch weiterhin fahrerlaubnisfrei.)

Über diese Gesetzesänderung freuten sich einige Hersteller von Kleinstautos und boten dieselben als sogenannte Krankenfahrstühle in einer Geschwindigkeitsreduzierten Form an. Da diese Fahrzeuge Fahrzeuge nicht als Krankenfahrstühle erkennbar waren, sondern im Straßenverkehr optisch als PKW wahrgenommen wurden und diese Regelung von Personen mit mangelnder Fahreignung missbraucht wurden, kam es letzten Endes und immer wieder zu prekären Zwischenfällen/gefährlichen Situationen.

Nachdem dann auch noch das Bundesverwaltungsgericht im Januar 2002 (https://www.judicialis.de/Bundesverwalt ... .2002.html) entschieden hatte, dass nach der Definition des Krankenfahrstuhls die Benutzung eines solchen durch Personen, die nicht gebrechlich oder behindert sind (sogenannte Suffnasen bzw. Personen mit mangelnder Fahreignung) nicht verboten ist, sah sich der Gesetzgeber gezwungen, die Definition eines Krankenfahrstuhls erneut zu ändern.

(Anmerkung des Unterzeichners: Ja, genau, juhuu….)

Die Neuregelung zum 01.09.2002

Übergangsregelung, § 76 Nr. 2 in der ab dem 01.09.2002 geltenden Fassung:
Inhaber einer Prüfbescheinigung für Krankenfahrstühle nach § 5 Absatz 4 dieser Verordnung in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung sind berechtigt, motorisierte Krankenfahrstühle mit einer durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit von mehr als 10 km/h nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 dieser Verordnung in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung und nach § 76 Nr. 2 dieser Verordnung in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung zu führen.

Wer einen motorisierten Krankenfahrstuhl mit einer durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 10 km/h nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 dieser Verordnung in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung führt, der bis zum 31.08.2002 erstmals in den Verkehr gekommen ist, bedarf keiner Fahrerlaubnis oder Prüfbescheinigung nach § 5 Absatz 4 dieser Verordnung in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung.

§ 76 Nr. 5
Prüfbescheinigungen nach dem alten Muster der Anlage 2 zur FeV bleiben auch weiterhin gültig und dürfen bis zum 31.12.2002 weiter ausgefertigt werden.

Mit der erfolgten wollte der Gesetzgeber zwei Dinge berücksichtigen:

Einerseits sollte dem Missbrauch vorgebeugt werden, andererseits die Mobilität für tatsächlich körperlich oder behinderte Personen nicht eingeschränkt werden, insbesondere jenen, welche die sogenannten Krankenfahrstuhl-Prüfbescheinigung abgelegt hatten.

Mit der Gesetzesänderung (ÄnderungsVO zur FeV v. 07.08.2002) mit Wirkung zum 01.09.2002 wurde daher in erster Linie das Ziel verfolgt, die Fahrerlaubnisfreiheit der Krankenfahrstühle mit einer Höchstgeschwindigkeit bis 25 km/h zu den vorher herrschenden Bedingungen zu beenden; siehe hierzu die amtl. Begründung (497/02BRDrucks.www.dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2002/0497-02.pdf):

„Die bisherigen Regelungen haben dazu geführt, dass in der Praxis "Pkw-artige" Kraftfahrzeuge in Verkehr gebracht wurden. Das Fahrverhalten und die zum Führen erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse dieser Kraftfahrzeuge rechtfertigen keinen Verzicht auf die Fahrerlaubnis." "Als in der Praxis besonders problematisch haben sich die Regelungen zum Führen von motorisierten Krankenfahrstühlen erwiesen. Die Regelungen zum Führen von motorisierten Krankenfahrstühlen werden aus Verkehrssicherheitsgründen und im Interesse der Leichtigkeit des Verkehrs neu gefasst. Für körperlich behinderte Personen werden Krankenfahrstühle bis 15 km/h mit Elektroantrieb unter den näher geregelten Voraussetzungen künftig von der Fahrerlaubnispflicht und auch von der Pflicht zum Erwerb einer Prüfbescheinigung ausgenommen. Den Mobilitätsinteressen behinderter Personen wird damit entsprochen. Die bisher für andere Krankenfahrstühle bis 25 km/h geltende Fahrerlaubnisfreiheit wird aufgehoben, da derartige Kraftfahrzeuge in der Praxis sowohl ein Erscheinungsbild eines Pkw besitzen als auch entsprechende Bedienungs- und Fahreigenschaften aufweisen. Eine fahrerlaubnisrechtliche Sonderstellung nur aufgrund der durch diese Fahrzeuge zu erreichenden geringeren Höchstgeschwindigkeit ist aus Verkehrssicherheitsgründen nicht gerechtfertigt. Das Fahrerlaubnisrecht bietet bei Ausbildung, Prüfung und Umfang der Fahrerlaubnis ausreichend flexible Möglichkeiten."

Soweit das Zitat aus der Begründung.

Selbstverständlich wurden die bisherigen Rechte durch entsprechende Übergangsregelungen gewahrt (§ 76 Nr. 2 FeV). Aber genau da liegt das Problem in der Auslegung. Denn in der neuen Fassung des § 76 FeV wird zwar auf die bis zum 31.08.2002 gültig gewesene Fassung Bezug genommen, jedoch ohne auf die alten Rechte näher einzugehen.

Es kann jedoch festgehalten werden, dass ausschließlich Inhaber einer Prüfbescheinigung für Krankenfahrstühle nach § 5 Abs. 4 dieser Verordnung in der bis zum 1. September 2002 geltenden Fassung auch weiterhin berechtigt sind, motorisierte Krankenfahrstühle mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 10 km/h nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 dieser Verordnung in der bis zum 1. September 2002 geltenden Fassung und nach § 76 Nr. 2 dieser Verordnung in der bis zum 1. September 2002 geltenden Fassung zu führen.

Dieses sind wiederum nachfolgende Typen:

• Nach der Bauart zum Gebrauch durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit höchstens zwei Sitzen, einem Leergewicht von
nicht mehr als 300 kg und einer bbH von nicht mehr als 30 km/h (maschinell angetriebene Krankenfahrstühle früheren Rechts), wenn sie bis zum 30. Juni 1999 erstmals in den Verkehr gekommen sind und durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen benutzt werden.
• Nach der Bauart zum Gebrauch durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit einem Sitz, einem Leergewicht von nicht mehr als 300 kg und einer bbH von nicht mehr als 25 km/h (motorisierte Krankenfahrstühle).

Mit dieser Neuregelung wurden auch die (fahrerlaubnisfreien) Krankenfahrstühle neu definiert werden. Und zwar als
• einsitziges Kraftfahrzeug,
• Leermasse max. 300 kg,
• bbH 15 km/h,
• Antrieb nur durch Elektromotor,
• max. Breite 1,10 m,
• zulässige Gesamtmasse 500 kg.
• Weiterhin ist oben an der Fahrzeugrückseite eine sog. Heckmarkierungstafel nach der ECE Regelung Nr. 69 e zu führen.

Nach heutigem Recht sind somit nur noch die vorgenannten und einsitzigen Krankenfahrstühle fahrerlaubnisfrei.


Die sonstigen und vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuge sind nach heutigem Recht (§ 6 Abs. 1 FeV) dem Kleinst-PKW zugeordnet, für welchen man die FE-Klasse AM benötigt, unabhängig von deren Qualifikation/Einstufung oder Bescheinigung als Krankenfahrstuhl.

Die sonstigen haben aber auch teils Honda oder Briggs&Stratton Benziner über 50 ccm drinnen. Die sind nach heutigem Recht mit AM nicht fahrbar!

Zusammengefasst bedeutet dies:

Wer zwischen dem 01.01.1999 und dem 31.08.2002 eine Krankenfahrstuhl-Prüfbescheinigung nach § 5 Absatz 4 FeV erworben hat, darf auch in Zukunft führen:
• Krankenfahrstühle: Nach der Bauart zum Gebrauch durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit einem Sitz, einem Leergewicht von nicht mehr als 300 kg und einer bbH von nicht mehr als 25 km/h (motorisierte Krankenfahrstühle).;
• Krankenfahrstühle: Nach der Bauart zum Gebrauch durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit höchstens zwei Sitzen, einem Leergewicht von nicht mehr als 300 kg und einer bbH von nicht mehr als 30 km/h (maschinell angetriebene Krankenfahrstühle früheren Rechts), wenn sie bis zum 30. Juni 1999 erstmals in den Verkehr gekommen sind und durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen benutzt werden.
• Krankenfahrstühle im Sinne der Vorschriften der DDR, wenn sie bis zum 28.02.1991 erstmals in den Verkehr gekommen sind.

Alle Krankenfahrstühle mit einer bbH von nicht mehr als 10 km/h, die bis zum 31.08.2002 erstmals in den Verkehr gekommen sind, dürfen ohne Prüfbescheinigung gefahren werden (Bestandsschutz).

Oder aktuell:
Krankenfahrstühle als
• einsitziges Kraftfahrzeug,
• Leermasse max. 300 kg,
• bbH 15 km/h,
• Antrieb nur durch Elektromotor,
• max. Breite 1,10 m,
• zulässige Gesamtmasse 500 kg.
• Weiterhin ist oben an der Fahrzeugrückseite eine sog. Heckmarkierungstafel nach der ECE Regelung Nr. 69 e zu führen.

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Re: Fahrerlaubnisfreies Fahren von Mofas/Krankenfahrstühlen (Stand 31.12.2019)

Beitrag von Fichte » So 19. Jun 2022, 11:41

Ergänzung:

Eine Fahrerlaubnis der Klasse AM für Leichtkraftfahrzeuge benötigt ferner nicht, wer im Besitz einer der folgenden Führerscheinklassen ist:

eine bis zum 31.12.1988 erteilte Führerscheinklasse 1b, 1a, 1, 3 und 4 BRD
eine vor dem 01.01.1989 erteilte Führerscheinklasse 5 der BRD
eine Fahrerlaubnis der Klassen A1, A beschränkt, A, B, C1, C, D1, D, M oder L der BRD
eine ab Februar 2005 erteilte Führerscheinklasse S
eine ab dem 19.01.2013 erteilte Führerscheinklasse AM (einschränkend nach ccm: viewtopic.php?f=2&t=9664
eine vor dem 03.10.1990 erteilte Führerscheinklasse A, C, C, D M der DDR
eine vor dem 01.04.1980 erteilte Führerscheinklasse T der DDR
eine vor dem 01.06.1982 erteilte Erlaubnis „Langsam fahrende Fahrzeuge“ oder „Kleinkrafträder“ der DDR
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Re: Fahrerlaubnisfreies Fahren von Mofas/Krankenfahrstühlen (Stand 31.12.2019)

Beitrag von Fichte » Mo 22. Aug 2022, 17:27

starik1968 hat geschrieben:
Mo 22. Aug 2022, 15:35
Auch interessant, lasse es mir s/w drucken und lege es in die Fahrzeuge:

https://www.dpolg.de/ueber-uns/fachkomm ... beitraege/

https://www.dpolg.de/fileadmin/user_upl ... 2021_5.pdf

:-)

cu
F. :-)
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