Getriebeöl Verwendung Befüllung Entlüftung

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Fichte
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Getriebeöl Verwendung Befüllung Entlüftung

Beitrag von Fichte » Mo 28. Jun 2021, 20:32

Interviewer: Geehrte Zuhörer/Leser, heute beschäftigen wir uns mit dem Thema Getriebeöl und wir haben uns ein fachkundiges Team zusammengestellt:

Rolf, macbloke, Hasenauto, Fuddschi und Toeff

Interviewer: Frage in die Runde, was gibt es denn beim Getriebeöl in unseren Leichtkraftfahrzeugen zu beachten?

Rolf: „Nun, das Getriebe enthält Öl. Dieses Öl sollte zum Wohle der Natur und zum Wohle des Getriebebesitzer auch IM Getriebe verbleiben. Entleert sich das Getriebeöl unkontrolliert kommt es zu Naturkatastrophen und, für viele noch schlimmer, zu Katastrophen in der Geldbörse. Im vorliegenden Fall außerdem zu unschönen Diskussionen mit Herstellern und Vertriebsleitern.

Damit das Öl IM Getriebe verbleibt, ist das Getriebe ein geschlossenes System, naja, jedenfalls fast ...
Sprich, jede Gehäuseöffnung ist mit Dichtungen versehen: Dichtringe, Wellendichtringe, Flachdichtungen, O-Ringe und Pastöse oder flüssige Dichtmittel.

Das funktioniert soweit auch ganz gut. Beim Ölwechsel des Getriebes sollte soviel Öl abgelassen werden wie eingefüllt wird, dann spricht man von einem dichten Getriebe.
Während des Betriebs jedoch, erwärmt sich das Getriebe durch Reibung. Die Lager reiben und die Zähne der Zahnräder reiben - und Reibung erzeugt Wärme.

Ich habe nicht den blassesten Dunst wie warm jetzt so ein Getriebe wird, doch mein Kühlwasserthermometer ist ursprünglich ein Getriebethermometer, und dort beginnt der rote Bereich bei 120°C, also schon recht warm ...
Das Getriebe ist etwa zur Hälfte mit Luft und zur anderen Hälfte mit Öl gefüllt, gesamtvolumen also etwa 2 Ltr. Erwärmt man einen Ltr Öl auf 100°C ist die Dehnung bzw die vergrößerung des Volumens überschaubar. Bei Luft sieht die Sache anders aus. Da das Getriebe aber, wie gesagt, ein geschlossenes System darstellt kann die Luft nicht entweichen. Luft läßt sic,h im Gegensatz zum Öl, recht gut komprimieren. Somit steigt mit zunehmender Temperatur nicht das Volumen in einem geschlossenen System, sondern der Druck.

Dieser Druck würde dafür sorgen dass das Öl durch die Wellendichtringe gedrückt wird, was ziemlich übel wäre.
Würde sich das Getriebe im Stillstand wieder Abkühlen, entstünde ein sog Athmosphärenunterdruck, über die Wellendichtringe würde diese Druckdifferenz ausgeglichen werden: Das Getriebe würde Luft ansaugen. Im nächsten Betrieb ginge dieser Vorgang dann von vorne los.
Also wird eine Be.- und Entlüftung eingebaut. Dadurch können sich Druckdifferenzen leicht ausgleichen ( sofern diese Be.- und Entlüftungssysteme nicht verschlossen wurden ;) ) und das Öl bleibt wo es soll …“

pardon, ich schweife da mal wieder etwas ab …“

Interviewer: 072) …. Ähm, können Sie das zusammenfassen, macbloke, insbesondere das mit der Entlüftungsschraube?

macbloke: „Da ich ja mein Getriebe ausgebaut habe, war ich ja in einer guten Situation mir das etwas genauer anzuschauen:

1. Die Schraube die ich und auch derjenige der es mir geraten hat als Öleinfüllschraube zu nutzen, sitzt recht weit oben und ist tatsächlich eine Entlüftungsschraube und benötigt definitiv keinen Schlauch in der Version wie es bei diesem Getriebe verbaut ist.

Diese Schraube hat Brecher, die hochspritzendes Öl abweisen und ganz oben in der Schraube ist ein klitzekleines Löchlein. Dieses Löchelein dient als druckausgleichs Öffnung.

Zum Ölwechsel hatte ich derzeit das Öl warm gefahren, abgelassen, zugedreht und oben mit einem breiten Schlauch und Trichter neues Getriebeöl eingefüllt. Stand hier irgendwo beschrieben. Getriebeöl temperieren würde beim Einfüllen helfen.

Über die Seitliche Schraube könnte man das Überfüllen vermeiden. ich hab einfach alles Öl abgelassen und 0,7L nach Vorschrift für mein Getriebe eingefüllt.

anbei mal ein Bild:

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Getriebe mit herausgedrehter auf dem Kopf stehender Entlüftungsschraube ohne Schlauch an Sünner Malzbier alkoholfrei.“

Interviewer: Vielen Dank, macbloke… Herr Hasenauto, haben sie eine andere Getriebeeinfüllöffnung?

101) Sehr interessant, so sieht meine Getriebeinfüllöffnung aus, von außen und innen (fotografiert am Originalgetriebe, das mittlerweile ausgetauscht und auf Reserve gelegt wurde):

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0B164EA8-3D83-4932-97AC-00EDEF2CAC4C.jpeg (237.75 KiB) 1944 mal betrachtet
Auf einer Ersatzteilliste eines Pariser Händlers sind meine Schraube nebst Schlauch mit drauf und werden sogar mit Reniflard = Entlüftung bezeichnet:

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35B361AA-24A2-4963-90B9-24E5EE43A627.jpeg (163.65 KiB) 1944 mal betrachtet

Interessant ist aber auch ein Bild aus einer frz. Reparaturanleitung für 400er und 600er Multitrucks:

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22A6BD24-26CE-474E-A2B5-A6E323916211.jpeg (76.68 KiB) 1944 mal betrachtet
den kleinen Pfeil an der Mutter (ohne Schlauchanschluss!) oben interpretiere ich als Einfüllhinweis, das Symbol in der Mitte ist ein inspizierendes Auge und der Ablass unten ist eindeutig. Die angebene Ölmenge beträgt hier 1l für beide Truckivarianten; in meinem Truckibesitzerhandbuch stehen aber mal 1 und 1,1l je nach Variante“

Interviewer: Ahh, dann ist es jenes und nachfolgend bebildertes Getriebe nebst Entlüftungsschlauch:

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Interviewer: Aber was verwende ich denn jetzt für ein Getriebeöl, auf und in den Wartungsanleitungen wird ja SAE 80/90 erwähnt?

macbloke: „80W90 gehört laut Hersteller da rein..

gibt s in jedem einigermaßen gut sortiertem Baumarkt.

Waren früher Öle wie SAE 85W-90 oder 80W-90 üblich, ging man zu SAE 75W-90 und ist heute bei 75W oder 75W-80. Man nutzt die niedrigere Viskosität, um Reibungsverluste zu minimieren und dadurch Kraftstoff zu sparen.“

Interviewer: Ja und welche Füllmenge sollte man verwenden?

Fuddschi: „Es gibt die unterschiedlichsten Füllmengen, jedenfalls wird beim Multitruck sogar 1,1 Liter Getriebeöl eingefüllt. Und beim Aixam 400 sind es "nur" 0,7 Liter. Wer meint, er müsse für alle Getriebe(n) nur 0,5 Liter einfüllen, wird eines besseren belehrt, wenn das Getriebe durch unterfüllung einen schaden bekommt 072)

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Meine Angaben zur Getriebeöl- Mengen beziehen sich vom Handbuch UND durch Praxis :wink:

Interviewer: Ah, okay, dann lohnt sich ein Blick in das Bedienerhandbuch, Wartungsplan…. Dankenswerterweise haben wir ja schon eine Zusammenstellung hiervon und hier hinterlegt: viewforum.php?f=14

Interviewer: „Gibt es zum Thema Getriebeöl und befüllen noch etwas besonderes zu sagen?“

Toeff: „Es könnte dem Getriebe nicht schaden, ein besseres Getriebeöl zu verwenden oder MOS2 Zuschlag.

Dadurch läuft beim Parkenden Wagen das Schmiermittel nicht aus den Zahnflanken, Schaltgabeln etc etc Dadurch wird die Blockierung weniger manifestiert und dieser "Verspannungseffekt" tritt nicht so sehr auf

besonders Mos2 Zuschlag bewirkt dauerhaftere Ölanhaftung und stärkere Druckfestigkeit vom Schmiermittel in unseren Primitiv-Getrieben.“

Interviewer: Dann danke ich mal allen Personen, die in diesem Beitrag namentlich benannt wurden und für deren Beiträge in einer Vielzahl von Threads und in diesem Forum…! 023)
Urteile nie über einen anderen, bevor Du nicht einen Mond lang in seinen Mokassins gelaufen bist.

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