Dichtung oder Warheit ... ??? ... Die Flachdichtung

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rolf.g3
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Dichtung oder Warheit ... ??? ... Die Flachdichtung

Beitrag von rolf.g3 » Mo 26. Dez 2016, 17:13

moin,

Szenario: Man kommt zu seinem Fahrzeug und Ach und Weh, ein Ölfleck ...
... oder: Man fährt einen Oldie / Exoten für den es keine Dichtungen mehr gibt.
... oder: Ich möchte nachher auf Tour gehen und der Lieferant spricht von 14 Tage Lieferzeit.
... oder: Ich sehe es einfach nicht ein für 28 Gramm Papier 53 € und 74 Cent zu bezahlen.
... oder: Ich mach alles selbst was geht.

Man braucht in erster Lienie natürlich das Dichtungspapier. Gibt es im gut sortierten KFZ-Teilehandel oder im Netz.
Längst bekommt man nicht mehr überall das was man braucht.
Motorradteilehändler ( Ketten ) bieten beispielsweise ein Set Dichtungspapier bestehend aus 3 - 4 Seiten mit verschiedenen Dicken in der Größe Din A 4.
Wemm man eine Kupplungsdeckeldichtung erneuern will und nicht grad ´ne Honda CX fährt ist damit schon ein gewaltiges Problem aufgetaucht.
Ich bevorzuge Dichtungspapier von der Rolle. Breite 50 cm und meterweise Länge.
Bei der Dicke ist es etwas komplizierter. Es gibt verschiedene Dicken. Diese Dicken können zB den Abstand des Kupplungsgebers beeinflussen ( beim Moped ) oder die Länge von Wellen ( in Getrieben )
Deshalb habe ich 2 Dicken Dichtungspapier, ein dünneres mit etwa 0,3 mm und ein dickeres mit 0,75 mm.
Das dickere verwende ich meist für Vergaserflansche, Abschlußdichtungen wie Ölwanne oder sonstige Dichtungen die keine weitere mechanische Bewandniss haben.
Das dünnere findet für zB Mitteldichtungen, Zylinderfußdichtungen etc verwendung. ( Hersteller Vorgaben beachten / die alte Dichtung ausmessen )
Wie das Funganiert seht Ihr nun:

Wir brauchen
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... na Klar, das Werkstück und das Papier - hier das dünne. Natürlich brauchen wir noch das Werkzeug:
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Einen Hammer, die passenden Locheisen, ein scharfes Messer ( hier ein handliches Schnitzmesser ) eine Lochzange und einen Pinsel. Eine ebene Unterlage ist auch von Nöten - Mutti´s antiker Mahagonitisch könnte durchaus leiden ...

Die Frage die Generationen von Schraubern beschäftigt ist die: Wie bekomme ich die Kontur des Werkstücks bzw der Dichtfläche auf das Papier übertragen. Die äußere Kontur mag mit Bleistift noch gut übertragbar sein, doch spätestens bei den Schraubenlöchern versagt der Bleistift, ganz zu schweigen von der inneren Kontur oder filigranen Innenleben so mancher Getriebe: Löcher, Fugen, Durchbrüche und Stege.

Ich beforzuge dafür die Vorgehensweise des Johannes von Gutenberg ( nicht zu verwechseln mit dem Freiherrn von Guttenberg, was der so zu Papier gebracht hat darf nach richterlichem Beschluß angezweifelt werden 076) und ist für unsere Belange nicht von Bedeutung )

Also: Die Dichtfläche ist rein, also sauber. Das Papier liegt auf ebener Unterlage ( sehr eben ). Mit dem Pinsel wird nun ein Hauch Öl ( hier verwendet: Rapsöl ) auf die Dichtfläche gestrichen. Jede Fläche, welche vom Papier bedeckt sein muß wird bestrichen.
Dann wird das Wekstück mit der Dichtfläche auf das Papier gedrückt. Nicht verschieben, nicht verrutschen und nur einmal.
Das sollte das Ergebniss sein:
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Die Schraubenlöcher und die Konturen der Dichtfläche sind sauber zu erkennen, die Kanten sind nicht verwischt.
Nimmt man zuviel Öl quillt es über den Rand der Dichtfläche und verwischt so die Konturen, nimmt man jedoch zu wenig erkennt man nichts.

Weiter im Text:

Mit den Locheisen ( und dem Hammer ) werden nun die Schraubenlöcher ausgestanzt. Darauf achten das beim ersten Schlag die Löcher frei sind. Nochmaliges Schlagen oder ein ausreißen der Inneren Teile kann zur Zerstörung der Dichtung führen ( das Dichtungspapier ist recht zäh ... )
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Mit der Lochzange stanze ich noch zusätzlich kleine Radien neben zB den Schraubenlöcher aus, das vereinfacht das spätere ausschneiden. Hier ein Bild mit diesen Radienlöchern und dann eines mit dem eingezeichneten Schnittlienien zur Verdeutlichung:
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Das nächste Werkzeug ist das Messer. Es sollte scharf sein wie die Hölle und handlich. Das Messer wird unter Druck immer gezogen, nie gedrückt. Ich bevorzuge das Schnitzmesser, da es eine kurze und schmale Klinge aufweist und einen relativ großen Griff hat. Läßt sich prima führen.
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DSC03526.JPG (50.26 KiB) 3622 mal betrachtet
Dann wird noch die innere Kontur ausgeschnitten
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Fertig ist die passende Dichtung
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Ich werde diese Dichtung in mein Getriebe vom M.Go einkleben. Dichtungen dieser art empfehlen sich dafür. Doppelten Schutz vor Inkontinenz.
Für diese Dichtung brauchte ich etwa 15 bis 20 Minuten.
Den Schwierigkeitsgrad würde ich mit > Leicht < einstufen.
Kosten liegen bei dieser Dichtung bei unter einem Euro, schätze ich mal.
Das Werkzeug bekommt man auf jedem Flohmarkt für gaaanz kleines Geld oder im Baumarkt für nicht sooo kleines Geld.
Das ausschneiden mit einer Schere hat sich NICHT bewährt. Man muß das Papier zu stark knicken. Auch läßt sich das Papier bohren ( Holzbohrer im entsprechenden Durchmesser ) allerdings mit der Gefahr das das Papier reißt und fleddert.

Viel Spaß beim ausprobieren

gruß rolf

PS: Soll es mal schnell gehen oder es wird dringend was geflickt, eignet sich als Dichtungspapier auch Tetra-Pack.
Läßt sich genauso schnell verarbeiten. Mancheiner berichtet über jahrelang gute Ergebnisse und Haltbarkeit mit Tetra-Pack-Dichtungen
Schreibfehler sind wie Ostereier, wer sie findet darf sie behalten...
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Re: Dichtung oder Warheit ... ??? ... Die Flachdichtung

Beitrag von guidolenz123 » Mo 26. Dez 2016, 18:45

In der Trabant-Scene ist Tetra-Pack was gern Genommenes.......
Gruß Guido
Stattlicher Satzverständiger für sprachliche Irritationen
Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

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